Stille kann der perfekte Weg sein, um die Sinne zu schärfen. Man lässt die Welt an sich heran und erlaubt den Gedanken, an die Oberfläche zu kommen. Für die Lissabonner Künstlerin Ana Lua Caiano sind diese leeren Räume - wenn sie spazieren geht oder nicht schlafen kann - die Zeit, in der sich die Ideen einschleichen. Das ist ihre Zeit zum Schaffen. Sie nimmt sie auf und formt sie zu den Songs, die in den letzten zwei Jahren aus ihr herausgesprudelt sind. Zunächst für einige EPs (Se Dançar É Só Depois / 2023 & Cheguei Tarde A Ontem / 2022), die sie in Europa und der Welt bekannt gemacht haben, und jetzt für ihr Debütalbum für Glitterbeat. Das ist elektronische Musik. Völlig zeitgemäß. Pulsierend, glitchy, atmosphärisch und beatgetrieben, aber mit tiefen Wurzeln in der traditionellen portugiesischen Musik, die ihre Eltern hörten, als sie ein Kind war. "Sie hatten eine Menge Kassetten, die sie abspielten", erinnert sie sich. "Ich liebte es, die Sängerinnen und Sänger zu imitieren. Ich habe das wohl durch Osmose aufgenommen, und die Elemente sind immer noch in dem, was ich mache." Seit sie mit ihren Klangexperimenten während des Gefängnisaufenthaltes begann, hat Caiano die Grenzen ihrer Musik immer weiter verschoben. Ein Prozess, der natürlich schon begann, als sie zum ersten Mal traditionelle Sänger imitierte oder ihre erste Klavierstunde nahm. Es ist ein Prozess, der sie zu dem Weg geführt hat, auf dem sie jetzt ist, einem Weg, auf dem Tradition und Elektronik Seite an Seite gehen. "Ich denke, es ist ziemlich experimentell", sagt sie und bekräftigt, dass ihre Musik das Rastlose und Evolutionäre betont. "Ich glaube, dass sich die traditionelle Musik mit der Welt weiterentwickelt - heutzutage kann man traditionelle Musik mit einem Computer machen oder über Themen sprechen, die früher nicht relevant waren oder nicht existierten. Traditionelle Musik entwickelt sich immer weiter." Ana Lua Caiano reist schnell und sicher vorwärts und ist definitiv nicht auf einen Platz festgelegt.