Eigentlich müsste man davon ausgehen, dass die Generation von Snapchattern und "Beliebers" sich in dem Medium Internet am besten auskennt und nicht die eher gesetzte, eher intellektuelle, dem Trash der Popkultur abgewandte Zielgruppe einer ebenso eher gesetzten, eher intellektuellen Band wie RADIOHEAD, deren Gebahren immer auch fast zum wissenschaftlichen Diskurs über Popkultur wird. Und doch war es ungeheuer medien- und tickerwirksam, wie RADIOHEAD als "geheimen" Auftakt zur Verkündigung von "A Moon Shaped Pool" nach und nach alte Inhalte aus ihrer viralen Präsenz löschte, um dann eine Instagram Schnitzeljagd mit vermeintliche tiefgründigen Hinweisen zu starten und schließlich am vergangenen Sonntagabend "einfach mal so" ein neues Album zu veröffentlichen. Natürlich digital, denn ein physischer Tonträger lässt sich schlecht auf den Punkt am Sonntagabend auf den Markt loslassen. Das wusste auch schon BEYONCE, die es mit "Lemonade" ganz ähnlich gemacht hat. Man kann das Kunst nennen oder modernes Marketing. Uns fehlt auf jeden Fall die Zeit der freudigen Erwartung, wenn man eine neue Platte einer großen Band vorbestellt hat und am liebsten dem Paketdienstleister entgegenlaufen will. Aber halten wir uns nicht mit Nostalgie auf, das machen RADIOHEAD auch nicht. Immerhin gibt es - sozusagen im zweiten Schritt nach der digitalen Offensive - "A Moon Shaped Pool" auch genau so, wie wir es gern haben. Haptisch. Auf Vinyl. Aber Obacht: Das limitierte weiße Vinyl geht weg wie warme Semmeln. Nur, solange der Vorrat reicht!